Wie allseits bekannt, wird bei ebay unter Nutzernamen gehandelt, die wiederum natürlichen Personen oder juristischen Personen zugeteilt sind.
Was aber, wenn plötzlich behauptet wird, dass ja jemand ganz anderes unter dem ebay-Namen gehandelt habe. Wer ist dann der vertragliche Ansprechpartner? Diese interessante Frage hatte das AG München zu klären, nachdem meine Mandantin sich mit der Aussage konfrontiert sah, dass die Mutter der Kontoinhaberin das ebay-Konto genutzt hätte und die namenlose Mutter derzeit leider im Ausland sei.
Zum Fall:
Meine Mandantin hatte ein Paar Schuhe einer bekannten Markenherstellerin auf ebay erworben. Nachdem die Echtheit der Schuhe sich als fraglich herausstellte, einigte sich meine Mandantin mit der ebay-Kontoinhaberin und vermeintlichen Verkäuferin über das ebay-e-mail-System auf eine Rückabwicklung des Vertrages. Die Schuhe schickte meine Mandantin sodann zurück. Die Rückzahlung des Kaufpreises blieb leider auch nach Fristsetzung aus.
Auf anwaltliche Mahnung an die Adresse der ebay-Kontoinhaberin in München meldete sich eine namenlose Dame per handschriftlichen Brief, dass sie zwar die ebay-Kontoinhaberin sei, aber ihre Mutter das ebay-Konto für diese Transaktion genutzt habe. Diese ebenso namenlose Mutter sei derzeit leider im Ausland. Sie würde sich aber nach ihrer Rückkehr ganz sicher melden, wobei offenblieb, wann dies genau sein sollte.
Auch auf einen weiteren freundlichen außergerichtlichen Hinweis, dass es nicht von Interesse sei, ob angeblich die Mutter gehandelt habe und der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen die ebay-Kontoinhaberin bestünde, erfolgte keine Rückmeldung oder Rückzahlung.
Gegen einen gerichtlichen Mahnbescheid legte die ebay-Kontoinhaberin Widerspruch ein, so dass gegen sie vor dem AG München Klage erhoben werden musste.
In dem Verfahren vor dem AG München meldete sich dann erstmals die vermeintliche Mutter und bat darum, dass alle Schreiben an sie zugestellt würden.
Das AG München verurteilte jedoch die ebay-Kontoinhaberin (= Tochter) zur Rückzahlung aus den folgenden Gründen. Das Urteil vom 18.05.2015 (Az.: 223 C 19859/14) ist zudem am Ende als pdf im Volltext beigefügt.
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die Klägerin hat den streitgegenständlichen Anspruch schlüssig begründet.
Die Beklagte selbst hat trotz Fristsetzung zur Klageerwiderung und Hinweis auf die Folgen der Nichteinhaltung dieser Frist keine Äußerung zum Klagevorbringen abgegeben, so dass an sich schon aus diesem Grund auf der Grundlage des Vortrages der Klägerin zu entscheiden war.
Selbst wenn man aber das Vorbringen der Mutter der Beklagten vom 27.04.2015 berücksichtigen wollte, sind die insoweit erhobenen Einwände nicht geeignet, den Klageanspruch zu Fall zu bringen. Im Wesentlichen wird hier vorgebracht, dass die Beklagte nicht die richtige Anspruchsgegnerin sei, da die Mutter der Beklagten deren Account für dieses Geschäft genutzt habe. Nach der Rechtsprechung gilt, dass, sofern ein Dritter einen fremden Account benutzt, ein Handeln unter fremdem Namen vorliegt. OLG München vom 05.02.2004,15 U 5114/03:
"Ob beim Handeln unter fremdem Namen ein Geschäft des Namensträgers oder ein Eigengeschäft des Handelnden
vorliegt, hängt davon ab, wie die andere Partei das Verhalten des Handelnden auffassen durfte. Ein Eigengeschäft des Handelnden ist dann gegeben, wenn die Benutzung des fremden Namens bei
der anderen Vertragspartei keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen hat, diese den Vertrag also nur mit dem Handelnden abschließen will. Ein Geschäft des
Namenträgers ist anzunehmen, wenn das Auftreten des Handelnden auf eine bestimmte andere Person hinweist und die andere Partei der Ansicht sein durfte, der Vertrag komme mit dieser
Person zu Stande (BGH, NJW-RR 1988, 814; vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. AufI. [2004], § 164 Rdnm. 1Off.)."
Danach liegt auch hier auf Seiten der Beklagten eindeutig ein Geschäft der Namensträgerin, also der Beklagten selbst, vor. Die Benutzung der jeweiligen Kennung weist für die andere Partei ausschließlich auf die Person hin, die von eBay nach Auktionsende namentlich identifiziert wird. Ein anonymer Dritter als Vertragspartner wäre dagegen für die andere Partei überhaupt nicht identifizierbar und würde bei ihr die Fehlvorstellung hervorrufen, mit dem von eBay Genannten abgeschlossen zu haben. Auch das Bewertungssystem von eBay stützt dieses Ergebnis, da ansonsten der "gute Ruf' Dritter ausgenutzt werden könnte und das Bewertungssystem seinen Sinn verlöre (vgl. zu diesem Aspekt schon LG Berlin, NJW 2003, 3493). Schließlich sprechen auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, die den Missbrauch von Mitgliedskonten verbieten und deren Übertragbarkeit ausschließen, für diese Auslegung der jeweiligen Willenserklärung. (vgl. OLG München aaO).
Die Beklagte ist damit auch die Vertragspartnerin und damit passivlegitimiert.
Im Übrigen hat auch die Mutter der Beklagten nicht bestritten, dass die Schuhe zurückgesandt wurden und man sich auf die Rückabwicklung geeinigt habe. Dies ergibt sich auch aus der vorliegenden Korrespondenz, wonach die Beklagte oder die Mutter erklärt hat, die Schuhe zurückzunehmen.
Auf die Frage der Echtheit der Schuhe bzw. den Gewährleistungsausschluss kommt es daher nicht an. Die Beklagte schuldet die Rückzahlung des Kaufpreises.
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